Die miesen Tricks der Autoankäufer

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Wer hatte sie noch nicht auf seinem Fahrzeug, die bunten Visitenkarten der unzähligen Autoankäufer. Angeblich werden Bestpreise bezahlt, der Zustand ist egal, bezahlt wird bar. Da die Autos zumeist sowieso für den Export bestimmt sind, verzichten die Ankäufer zumeist auch auf die Gewährleistung. Das klingt alles sehr verlockend, entspricht aber so gut wie nie der Realität.

Alle 10 von uns getesteten Händler kontaktierten wir telefonisch über die auf den Visitenkarten angegebene Nummer im Zeitraum Ende 2020 bis April 2021. Die Visitenkarten hatten wir von unseren eigenen Fahrzeugen abgenommen und, dass wir eine Dienstleistungsfirma betreiben hat uns da natürlich sehr geholfen, von den von uns betreuten Parkplätzen eingesammelt.

Von 10 kontaktierten Autoankäufern konnten wir 2 erst gar nicht erreichen. Einmal hob niemand ab und es erfolgte auch nie ein Rückruf, das andere Mal stimmte die Rufnummer nicht. Mit den anderen 8 konnten wir in Kontakt treten.
Eines gleich vorweg, wirklich kreativ sind die Ankäufer nicht. Die Maschen sind, mit einigen wenigen Variationen fast immer die gleichen. Kurz: Gründe suchen oder erfinden, um den Preis zu drücken…

Der Lockvogel

Unser “Verkaufsobjekt“ war ein 15 Jahre alter Renault Clio mit Klimaautomatik, CD Radio und Automatikgetriebe. Das Fahrzeug war abgemeldet aber voll fahrtüchtig, von einer Werkstatt kontrolliert und der Ölwechsel war auch erst kurz zuvor gemacht worden. Gerade einmal 35.000km hatte das Auto am Tacho.

Technisch war er soweit in Ordnung, etwas Rost hie und da, ein paar kleine altersbedingte Reparaturen standen an. Nur an der Optik gab es einiges zu bemängeln. Der Wagen hatte schon so manche ungewollte Berührung mit Randsteinen und einer engen Garageneinfahrt hinter sich. Kratzer und andere Lackschäden, kleine Beulen, die Verkleidung eines Außenspiegels war gebrochen.

Das erste Telefonat

Auch wenn es heißt man solle alles anbieten, Alter und Zustand wären angeblich egal, die Ankäufer sind in Wahrheit doch recht wählerisch.

Unser 15 Jahre alter Renault Clio war einigen, unabhängig von Ausstattung und Zustand, bereits zu alt. Ein Ankauf würde sich bei so kleinen Fahrzeugen kaum lohnen, maximal 200 EUR wollte uns einer der Käufer geben, der Zustand war ihm dabei egal. Wir lehnten dankend ab.

Auch die anderen Händler waren nicht wirklich zu begeistern. Aber wir konnten doch 7 Ankäufer überreden, das Fahrzeug zu besichtigen.
Um den bestmöglichen Preis zu erzielen, haben wir das Auto noch mit Autoshampoo gewaschen, den Innenraum gesaugt und die Sitze mit Polsterschaum gereinigt.

Trick 1 – Der Wunschpreis

Schon beim ersten Telefonat wird versucht den Preis zu drücken. Man wird recht schnell nach der eigenen Preisvorstellung gefragt. Wir stellten uns unwissend, wollten Vorschläge der Ankäufer hören, immerhin hätten wir gar keine Ahnung von Autopreisen. OK, dass war schamlos gelogen, aber wir wollten ja herausfinden ob wir einen fairen Preis bekommen können.

Keiner der Ankäufer wollte das Auto besichtigen, ohne unseren Wunschpreis zu kennen. Dahinter steckt Methode, die Käufer wollen damit herausfinden ob sich die Fahrt zum Verkäufer überhaupt lohnt. Das ist auch völlig in Ordnung, nicht selten haben Verkäufer komplett überzogene Vorstellungen. Das ist aber nicht der einzige Grund.

Auf diese Weise wird gleichzeitig eine Obergrenze gesetzt die man als Verkäufer später schlecht erhöhen kann. Wer hier zu tief ansetzt, hat schon verloren!
Wir hatten uns im Vorfeld informiert und sagten schlussendlich 800 EUR. Das war dem Alter und Zustand des Fahrzeugs angemessen. Privat hätten wir für das Fahrzeug etwa 1.200 EUR bekommen können. Dennoch verloren dadurch 2 weitere Käufer das Interesse.

Trick 2 – Erfundene Mängel

Ältere Fahrzeuge weisen fast immer kleine und größere Mängel auf. Trotzdem werden häufig zusätzliche Mängel erfunden. Kaum etwas wird ausgelassen.

Beliebt sind hier insbesondere angebliche Motorgeräusche, die Behauptung mit Kupplung und/oder Getriebe wäre etwas nicht in Ordnung und, der absolute Klassiker, defekte Lager. Das Ziel ist natürlich auch hier, den Preis deutlich zu drücken.

Es sind immer Dinge die man als durchschnittliche Autobesitzer selbst nicht überprüfen kann. Das ist natürlich kein Zufall. Gerne wird die Behauptung noch mit Sätzen wie ,,ich kaufe so viele Autos, da hört man so etwas sofort“ untermauert. So auch in unserem Fall.
Der eine Ankäufer hörte ein “klackern“ im Standgas, eindeutig ,,ein beginnender Motorschaden“. Der andere meinte, der Motor klinge echt gut, aber das Getriebe wäre ,,so gut wie hinüber“. Der dritte bemängelte defekte Lager, deren Wechsel wäre ,,gar nicht billig“. Wir ließen uns davon natürlich nicht beirren.

Trick 3 – Mängel dramatisieren

Der nächste Trick um den Kaufpreis zu drücken: Vorhandene Mängel hervorheben und dramatisieren.

Wie jetzt, kein Serviceheft? Da wird das Fahrzeug aber sehr schwer zu verkaufen sein. Auch kein Nachweis über den letzten Öl- und Zahnriemenwechsel? Ohje, dann gehört das sicher auch bald gemacht, man will ja keinen Motorschaden riskieren. Also beim Wunschpreis sind wir da schon lange nicht mehr, da müssen wir selbstverständlich noch einmal über den Preis reden.

So oder so ähnlich laufen die Gespräche gerne ab. Und das ist oft nur der Einstieg ins Drama. Ein kleiner Kratzer wird zum teuren Lackschaden, eine kaputte Rad-Zierblende als Anzeichen einer durch den Kontakt mit der Gehsteigkante verstellten Spur gedeutet. Wenn nicht gleich die ganze Lenkung kaputt sein soll. Irgend etwas finden sie immer.

Vor allem Roststellen sind die große Freude der Ankäufer. Davon haben gerade ältere Autos immer welche, und sei es nur am Unterboden. Kaum wird eine rostige Stelle gefunden, geht es auch schon los.
Neu lackieren wäre viel zu teuer, man müsste das Auto also weiterverkaufen wie es ist, würde dann aber auch deutlich weniger bekommen. Schon sinkt der Preis wieder nach unten. Manche sind so dreist und sprechen schon bei Flugrost von Durchrostung oder behaupten, in diesem Zustand dürfe man eigentlich gar nicht mehr fahren.

Trick 4 – Neuer Preis

Am Ende der Besichtigung folgt oft die dramatische Zusammenfassung aller (negativen) Fakten. Jedes bisschen wird genutzt.

Ein Beispiel aus unserem Gespräch: ,,Automatikautos will fast keiner haben, die sind viel zu teuer im Unterhalt, ein Benziner ist er auch noch! Dann haben wir da die ganzen Roststellen, die Lackschäden kann ich gar nicht alle reparieren lassen, dass würde mehr kosten als das Auto wert ist. Und du hörst ja selber wie der Motor klackert, ich weiß noch nicht ob ich das Auto so abhole oder lieber aufladen lasse. Nicht das ich dann auf der Autobahn eine Panne habe. Also 800 EUR gehen auf keinen Fall, sag mal einen neuen Preis.“

Mit solchen und ähnlichen Argumenten hatten wir natürlich gerechnet, immerhin hatten wir uns zuvor eingehend informiert.

,,Du hast recht, da sind schon ein paar Schäden. Aber: Es wurde jedes Service gemacht, das Serviceheft liegt im Auto. Es sind zusätzlich noch Winterreifen samt Felgen dabei, ohne Aufpreis weil du es bist. Das Auto ist, bis auf die Parkschrammen, unfallfrei. Das der Motor nach 15 Jahren nicht wie neu klingt weißt du als Profi ja selber. Laut Werkstattprüfbericht von vor 2 Monaten hat das Fahrzeug nur leichte Rostmängel, so schlimm kann es also nicht sein. Gerne können wir dort gemeinsam anrufen.“

Wichtig: Ruhig bleiben und nicht verunsichern lassen. Nur sehr selten ist ein Mangel so schlimmer wie er von den Ankäufern dargestellt wird. Wird man nach dem neuen Wunschpreis gefragt antwortet man am besten: Der hat sich nicht geändert. Alternativ nennt man beim ersten Telefonat gleich einen um 200 EUR höheren Preis um sich Verhandlungsspielraum zu verschaffen.

Trick 5 – Bargeld

Von 5 Interessenten wollten uns 3 nach der Besichtigung nur 250 – 300 EUR geben, mehr wäre angeblich auf keinen Fall möglich. Um den Druck zu erhöhen (und das Fahrzeug möglichst billig zu bekommen) kam Trick Nr. 5 zum Tragen.

Der Ankäufer zieht seine Geldtasche und hält einem das Geld vor die Nase. Natürlich nur so viel wie er bereit ist zu zahlen. Dann folgen die üblichen Sprüche. Ein anderer würde angeblich auch nicht mehr bezahlen, ein zweites Mal würde er nicht noch extra vorbeikommen, dass würde sich nicht lohnen. Man könne das Angebot jetzt annehmen oder es lassen.

Dadurch wird natürlich Druck aufgebaut. Vor allem wenn man den Stellplatz oder das Geld dringend benötigt. Vielleicht steht das Auto auch schon länger und man will den Verkauf endlich erledigt wissen. Doch genau darauf setzen die Ankäufer natürlich!
Daher gilt: Durchatmen und genau überlegen, ob man das Auto zum gebotenen Kaufpreis tatsächlich verkaufen möchte. Am besten hat man eine Vertrauensperson als Berater dabei. Hat diese auch noch KFZ-Kenntnisse ist es umso besser.

Von den 2 verbliebenen Interessenten gab einer vor, gar nicht mehr als 300 EUR dabei zu haben. Freundlich aber bestimmt wiesen wir ihn auf den genannten Wunschpreis hin, er wusste also vorher wie viel er mitzunehmen hatte. Wir schickten ihn also ohne weitere Diskussion weg, doch was für ein Zufall, plötzlich hat er doch noch irgendwie 100 EUR gefunden. Dieser Versuch ging gewaltig nach hinten los, denn auf so eine Masche waren wir natürlich vorbereitet.

Am Ende blieb nur noch ein einziger Interessent übrig.

Fazit

Nach unzähligen Telefonaten und einigem Aufwand hätten wir für den Renault Clio von einem Autoankäufer noch 550 EUR bekommen. Mehr war nicht drin. Stationäre Händler hatten uns ohne Besichtigung je nach Zustand 500 bis 800 EUR geboten.

Gelohnt hat sich der Aufwand somit nicht wirklich. Auch mussten wir einiges an Zeit investieren und uns mit teils doch recht unhöflichen und kaum Deutsch sprechenden Ankäufern auseinandersetzen.

Positiv zu erwähnen ist, dass alle Händler bei Ankauf die umgehende Abholung des Fahrzeugs zugesichert haben und von sich aus auf die Gewährleistung verzichteten. Ob man dafür einen geringeren Verkaufspreis akzeptiert, muss natürlich jeder selbst entscheiden.
Bevor man sich darauf einlässt, sollte man es jedenfalls mit einem Gratisinserat auf einem der bekannten Internetportale versuchen!